Interregna

Interregnum bedeutet „Zwischenherrschaft“ und bezeichnet in den mittelalterlichen Monarchien die Zeit zwischen zwei Herrschern, die zumeist eine Zeit der Fehde und Unsicherheit war. John Pilsons Zwischenherrschaften sind von einer anderen Art: Von 1994 bis 2000 arbeitete er vor allem nachts und an den Wochenenden in einer Investment Bank in Manhattan. Doch statt sich kontinuierlich um die Belange der Bank zu kümmern, machte Pilson Aufnahmen: Bis die Chefs am Morgen oder Montag wieder das Zepter übernahmen, gehört die Bank Pilson und seinen Kollegen. So entstanden die im Band „Interregna“ dokumentierten schwarz-weiß-Aufnahmen, die mit strenger Schönheit die Ödnis und Kälte moderner Bürokomplexe zeigen. Unterstrichen wird die noch von den rührenden Versuchen, durch einen im Großraumbüro aufgestellten, geschmückten Weihnachtsbaum, Urlaubsfotos oder Laub an einer Pinnwand auch am anonymen Arbeitsplatz ein Minimum an Individualität und Privatheit zu wahren. In seinem Essay beschreibt Jeffrey Anderson dies so: „His shift was the weekend, which meant round-the-clock stints in a powered down building – a mostly deserted space, half light in the hallways, only one elevator active. What we first see when we look at his photographs from that time are the moments of bleary looking away...” und schlussfolgert “…Pilsons photographic work has a way of defamiliarizing the issues involved and bringing them before us with a new force.” Dem ist nichts hinzuzufügen – außer dass der Betrachter nach Pilsons spannenden Ein- und Aussichten das eigene Büro beim nächsten Betreten kritischer als sonst mustern wird. John Pilson wurde 1968 in New York geboren und studierte Kunst unter anderem an der Yale School of Art, wo er 1993 mit dem Master abschloss. Er zeigte seine Foto- und Videokunst bereits in zahlreichen Ausstellungen weltweit, unter anderem in den Kunst-Werken, Berlin. Derzeit ist Pilson Artist-in-Residence am Harvestworks Digital Media Arts Center. Jasmin Oun